Die "Logik von SAP" verstehen – erklärt aus der Trainer-Perspektive
Wer SAP lernen will, scheitert selten an Apps, Transaktionen oder Klickwegen. Die eigentliche Hürde ist fast immer dieselbe:
Man hat die “Logik von SAP” noch nicht verstanden.
Als Dozent und Trainer im Bereich SAP Finanzwesen (FI) erlebe ich das in nahezu jeder Schulung. Teilnehmende fragen nicht: “Wo klicke ich?” – sondern: “Warum will SAP das jetzt so und nicht anders?”
Und genau darum geht es in diesem Beitrag.
1. SAP denkt nicht technisch – sondern betriebswirtschaftlich
Ein zentraler Punkt, den ich in Trainings immer wieder betone:
SAP ist kein IT-System mit Buchhaltung – sondern Buchhaltung mit IT.
SAP bildet reale Geschäftsprozesse ab:
- Einkauf
- Verkauf
- Lager
- Buchhaltung
- Controlling
Das System fragt dabei immer:
- Was ist wirtschaftlich passiert?
- Welche Folgeprozesse ergeben sich daraus?
- Wie wird das revisionssicher dokumentiert?
Wer SAP nur als Software betrachtet, wird es kompliziert finden. Wer SAP als Abbild der Unternehmenslogik versteht, merkt schnell: 👉 SAP ist streng – aber konsequent.
2. SAP ist ein prozessorientiertes System
In Schulungen nutze ich oft diesen Satz:
In SAP gibt es keine Einzelschritte – es gibt nur Prozesse.
Typische Beispiele:
- Bestellung → Wareneingang → Rechnung → Zahlung
- Auftrag → Lieferung → Faktura → Zahlungseingang
Jeder Schritt:
- baut auf dem vorherigen auf
- erzeugt automatisch Folgeinformationen
- ist systemseitig miteinander verknüpft
👉 Deshalb “fragt” SAP so viel. 👉 Deshalb lassen sich Schritte nicht einfach überspringen.
3. Alles ist ein Beleg – und das ist Absicht
In SAP wird für jeden Geschäftsvorfall immer mindestens ein Beleg angelegt, oft auch mehrere gleichzeitig. Eine der wichtigsten SAP-Grundregeln lautet:
Keine Buchung ohne Beleg.
Jeder Geschäftsvorfall erzeugt einen Beleg:
- FI-Beleg
- Materialbeleg
- SD-Beleg
- CO-Beleg
Aus Trainersicht formuliere ich es oft so:
SAP vertraut nicht dem Menschen, sondern dem Beleg.
Das sorgt für:
- Nachvollziehbarkeit
- Revisionssicherheit
- Transparenz über Jahre hinweg
Und erklärt, warum:
- Belege nicht “einfach geändert” werden können
- Korrekturen meist über Storno und Neubuchung erfolgen
4. Stammdaten steuern das Verhalten von SAP
Viele Probleme in Schulungen entstehen nicht durch falsche Buchungen – sondern durch falsch verstandene Stammdaten.
SAP trennt strikt zwischen:
- Stammdaten (relativ stabil)
- Bewegungsdaten (Belege)
Stammdaten sagen SAP:
- Was darf gebucht werden?
- Wohin wird gebucht?
- Welche Konten sind zu verwenden?
👉 SAP “entscheidet” nicht spontan. 👉 SAP folgt den Regeln aus Customizing und Stammdaten.
Oder, wie ich es im Training formuliere:
Der Anwender bucht – die Stammdaten denken.
5. FI-Logik: Jede Buchung hat zwei Seiten
Gerade im Finanzwesen ist die SAP-Logik kompromisslos:
- Soll = Haben
- Bilanz immer ausgeglichen
- Nebenbücher sind integriert mit dem Hauptbuch
Wenn SAP eine Buchung ablehnt, liegt das selten an der Technik – sondern fast immer daran, dass die wirtschaftliche Logik nicht stimmt.
👉 SAP ist hier nicht “pingelig”, sondern korrekt.
6. Integration ist kein Zusatz – sie ist der Kern
Ein weiterer zentraler Schulungspunkt:
In SAP gibt es keine isolierten Module.
Beispiele:
- Wareneingang im MM → automatische FI-Buchung
- Faktura im SD → Erlöse & Debitoren
- Abschreibungen aus AA → Hauptbuch
Das bedeutet:
- Jeder Prozess hat finanzielle Auswirkungen
- Jeder Fehler wirkt systemweit
- Jeder Buchungsschritt sollte bewusst erfolgen
7. Warum SAP sich oft “unflexibel” anfühlt
Viele Einsteiger empfinden SAP als starr. Aus Trainersicht ist das kein Fehler – sondern Absicht.
SAP ist:
- kein Excel
- kein Notizzettel
- kein “Schnell-mal-ändern”-Tool
Sondern:
- ein führendes System
- mit rechtlichen und kaufmännischen Anforderungen
- für komplexe Organisationen
Oder anders gesagt:
SAP schützt das Unternehmen – notfalls auch vor dem Benutzer.
8. Die wichtigste Erkenntnis für SAP-Lernende
Am Ende jeder Schulung steht meist derselbe Aha-Moment:
“Wenn ich verstehe, wie SAP denkt, wird alles einfacher.”
Der Schlüssel ist:
- SAP nicht bekämpfen
- SAP nicht austricksen
- sondern SAP logisch lesen lernen
Fazit aus der Trainer-Perspektive
Die SAP-Logik lässt sich auf einen Satz reduzieren:
SAP denkt in Prozessen, Belegen, Regeln und Integration – nicht in Einzellösungen.
Wer diese Denkweise übernimmt:
- bucht sicherer
- macht weniger Fehler
- versteht SAP statt es nur zu bedienen
Und genau das ist das Ziel guter SAP-Schulungen.